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" Papst Franziskus erliegt dem Bücherwurm-Virus. "

Positives Echo in den Feuilletons vieler überregionaler Tageszeitungen im In- und Ausland!
Papst Franziskus
Datum:
27. Aug. 2024
Von:
Franz-Rudolf Boos

Diese rätselhafte Überschrift stammt nicht aus der BILD!

Sie stimmt auch nicht auf eine neue Enzyklika ein, die vor einer weltumspannenden (= katholisch - ! - ) Bedrohung durch eine kürzlich entdeckte, menschheitsgefährdende Krankheit warnt.

Ausgerechnet im vermeintlichen Sommerloch, das früher einer nachrichtenarmen Zeit gleichkam, verschickte der argentinische Pontifex einen Brief über das Lesen. Ja, Sie lesen richtig - und lesen Sie bitte weiter!

Blick in die Pfarrbücherei Scheuern

Es ist keine aufmunternde Alphabetisierungskampagne für deutsche Bischöfe, um ihnen das « korrekte Entziffern» vatikanischer Botschaften einzubläuen. Genauso wenig geht es um eine zweifelhafte Verfügung, die die beklagenswerte Leseschwäche von Grundschulkindern mit gottesfürchtigen Lösungen bekämpfen möchte.

Das Schreiben wurde am 17. Juli verschickt, zunächst von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen und fand schließlich ein positives Echo in den Feuilletons vieler überregionaler Tageszeitungen im In- und Ausland (z.B. Le Monde) 

Lesenswert: Geschichten aus dem Leben gegriffen

Leben und Lesen unterscheiden sich nur durch einen Buchstaben.

Der Brief des Papstes über „die Bedeutung der Literatur in der Bildung“, so der Titel, war ursprünglich für Priesterseminare bestimmt. Doch der Bischof von Rom weitet angesichts dieses universellen Themas den Adressatenkreis auf alle Christinnen und Christen aus. Je länger man in dem Schreiben verweilt, fühlt man: Hier sind alle Menschen angesprochen.

Beten gehört zum wesentlichen Selbstverständnis christlicher Praxis. Der Papst, der einst in den Armenvierteln von Buenos Aires gewirkt hatte, kennt die vielfältigen Regungen und Schwingungen menschlicher Existenz zu gut, sodass seine folgende Beobachtung daher wenig überrascht:

„Oft wird in der Langeweile des Urlaubs, in der Hitze und Einsamkeit verlassener Stadtviertel ein gutes Buch zu einer Oase, die uns von anderen Entscheidungen, die uns nicht guttun, abhält.

Dann gibt es die Momente der Müdigkeit, des Ärgers, der Enttäuschung, des Scheiterns, und wenn es uns nicht einmal im Gebet gelingt, zur Ruhe zu kommen, dann hilft uns ein gutes Buch zumindest, den Sturm zu überstehen, bis wir ein wenig mehr Gelassenheit finden können.“

Lesen erweitert den Horizont

Tägliche und außergewöhnliche Erfahrungen spiegeln sich auf vielfältige Weise in der Literatur wider.

Lesen unterbricht den Trott und die Gleichförmigkeit des Daseins. Das ist nichts Neues, klingt aber mit Blick auf das unselige Verzeichnis verbotener Bücher durch die Katholische Kirche, dem berühmt berüchtigten Index librorum prohibitorum (1559 – 1962) als wohltutende Offenheit durch die vorbehaltlose Perspektive ihres Oberhauptes. Während früher die Lektüre bestimmter „verdächtiger“ Bücher als „Sünde“ verurteilt wurde, ermutigt der Papst offensiv zu Lese-Erlebnissen, die dazu einladen, mit eigenen Augen neue, unentdeckte Welten zu er-lesen und zu ergründen.

Lesen bedeutet zugleich, so Papst Franziskus, tiefer und langsamer in Erzählungen, Geschichten und Zusammenhänge einzutauchen, als dies mit der oberflächlichen Nutzung audiovisueller Medien möglich ist:

„Im Gegensatz zu den audiovisuellen Medien, bei denen das Produkt vollständiger ist und der Spielraum und die Zeit, die Erzählung zu „bereichern“ oder zu interpretieren, in der Regel geringer sind, ist der Leser beim Lesen eines Buches viel aktiver. Er schreibt das Werk in gewisser Weise um, erweitert es mit seiner Vorstellungskraft, erschafft eine Welt, nutzt seine Fähigkeiten, sein Gedächtnis, seine Träume, seine eigene Geschichte voller Dramatik und Symbolik, und so entsteht ein Werk, das sich von dem unterscheidet, das der Autor zu schreiben beabsichtigte.“

 

… und das Wort ist Fleisch geworden

Lesen öffnet Tore zu Empathie, zu Einfühlungsvermögen mit Personen, deren Gefühle, Erfahrungen, deren Wirklichkeit uns beim Lesen „begegnen“, folgert Papst Franziskus. Damit betritt er den entscheidenden Resonanzraum christlicher Botschaft:

„Wir alle müssen darauf achten, das „Fleisch“ Jesu Christi nie aus den Augen zu verlieren: dieser Leib, der aus Leidenschaften, Emotionen, Gefühlen, konkreten Geschichten, Händen, die berühren und heilen, Blicken, die befreien und ermutigen, Gastfreundschaft, Vergebung, Empörung, Mut, Unerschrockenheit besteht, mit einem Wort: aus Liebe.“

Dieser Passus des Schreibens verdeutlicht, was Franziskus mit Empathie beim Lesen meint. Sich dem Leben Jesu lesend zu nähern, heißt, sich in eine Existenz voller menschlicher Dramatik einzufühlen, ihre Höhen und Tiefen auszuloten, ohne sie abschließend zu ergründen. Lesen beflügelt Offenheit, geistige Weite und verweigert sich einem feststehenden, unverrückbaren Bild von der Welt.

Glaubenskrise: von leeren Lehrsätzen zum bekennenden Glauben

Schließlich sei auf einen Abschnitt verwiesen, den man sich in Anklängen in mancher Predigt wünschen möge. Für Franziskus besteht

„das Problem des Glaubens heute nicht in erster Linie darin, mehr oder weniger an die Lehrsätze zu glauben. Es geht vielmehr um die Unfähigkeit so vieler Menschen, sich angesichts Gottes, seiner Schöpfung, der anderen Menschen anrühren zu lassen. Hier besteht also die Aufgabe, unsere Sensibilität zu heilen und zu bereichern.“

Welch eine pastorale Wucht spricht aus diesen Worten, die entfernt an Erich Kästners Lyrik-Band „Wer nicht hören will, muss lesen“ erinnern.

Der Platz in dieser Rubrik reicht leider nicht, um die vierzehn Seiten des Schreibens ausführlicher zu würdigen.

Der Text sei allen Menschen guten Willens empfohlen, die gerne über den Tellerrand ihres alltäglichen Tuns hinausblicken.

Die inspirierenden Ausführungen von Papst Franziskus sind ein Grenzen sprengendes Schreiben, das neugierig macht und im besten Fall zu neuen Leseabenteuern anregt.

Letztere lassen sich nicht zuletzt beim Stöbern in den Katholischen Pfarrbüchereien mit Hilfe reicher Unterstützung finden!

Man muss übrigens beim Lesen keine Sorge haben, dass einem das Gehirn eintrocknet, wie es dem berühmten Ritter von der traurigen Gestalt, Don Quijote, erging.

Aktuelle Bücher für Groß und Klein in den Büchereien im Pastoralen Raum- hier in Scheuern